„Wissen und Tiefgang ins Internet bringen“

„Wissen und Tiefgang ins Internet bringen“

Was Journalismus heute ist, kann und soll (manche sagen: darf; ich sage: muss) – darüber wird auf  Podien gerne trefflich diskutiert. Wir haben die Studierenden des Masterstudiengangs New Media Journalism heute vor der Immatrikulation gefragt, was sie erreichen möchten. Nur zwei Antworten: „Als Journalist das das Vertrauen in die Branche zurückgewinnen“ und „Wissen und Tiefgang ins Internet bringen“. Eine kritische Reflexion, die aktuelle Probleme fokussiert, aber auch Mut macht.

Was gibt man als Studiengangsverantwortlicher Journalisten – manche mit wenigen Jahren, manche mit Jahrzehnten Berufserfahrung – zum Start eines Weiterbildungsstudiengangs mit auf den Weg? Zunächst vielleicht eine gute Nachricht: Das Vertrauen in die Medien ist in den zurückliegenden Jahren weltweit gestiegen. Nach einer Studie des Edelman Trust Barometers liegt die Glaubwürdigkeit der Medien in Deutschland im oberen Mittelfeld. Um gleich, so sind wir Journalisten nun einmal, das Haar in der Suppe zu suchen: Nur im oberen Mittelfeld. Warum nicht an der Spitze? Und was bedeutet es, wenn  vor allem in den Industrieländern eine wachsende Diskrepanz zwischen den positiven Einschätzungen von  Personen mit mittlerem und höherem Bildungsgrad und Einkommen (gemeinhin als „Meinungsführern“ bezeichnet) und der Bevölkerung insgesamt erkennbar ist (vgl. MediaPerspektiven 1/2017)?

Zeit zur Selbstbetrachtung. Was sind Journalisten heute eigentlich? Aktivisten oder Darsteller oder Gatekeeper, fragte pointiert auch Festredner Marcus Engert, Political Editor bei Buzzfeed (und Gründer von detektor.fm), wenn, so seine Einschätzung, „eine gut kuratierte Twitterliste wichtiger wird als Nachrichtenagenturen“.

Dazu passt eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinsituts Kantar TNS, die zeigt, dass vor allem bei jungen Menschen – wenig überraschend – soziale Medien immer bedeutender werden und dem Fernsehen als Informationsquelle den Rang abgelaufen haben. Facebook, Twitter und Co. sind die neuen Agendasetter und werden (hochgerechnet) täglich von rund 15 Millionen Menschen  als Nachrichtenquelle genutzt. Doch das Misstrauen ist groß. Nur knapp drei Millionen Menschen vertrauen den Informationen in sozialen Netzwerken mehr als tradierten Massenmedien, also  Zeitung, Radio und Fernsehen.

Nur drei Millionen. Also alles gut? Nein! Jeder einzelne ist einer zuviel und ein Schritt mehr auf dem Weg in die desinformierte Gesellschaft, wie es jüngst Stephan Ruß-Mohl im Tagesspiegel formulierte.

Gerade in der anhaltenden Digitalisierung und damit einhergehenden Pluralisierung der Angebote braucht es perfekt ausgebildete Journalisten,

  • die klassisches Handwerkszeug – allen voran Recherche –  beherrschen,
  • die den Medienwandel nicht nur begleiten, sondern kreativ gestalten,
  • die sich ihrer Rolle im Meinungsbildungsprozess und damit der Gesellschaft bewusst sind – und damit verantwortungsvoll umgehen.

Eine große Aufgabe (die Aufzählung ließe sich noch erweitern), die lebenslanges Lernen impliziert. Dafür stehen wir im Studiengang New Media Journalism mit starken Partnern in drei Ländern: der Leipzig School of Media in Leipzig, der Akademie für Publizistik in Hamburg, dem Kuratorium für Journalistenausbildung in Salzburg/Wien und dem MAZ – Der Schweizer Journalistenschule.

Auf dass es auch im 9. (!) Jahrgang von New Media Journalism gelingen möge zu beweisen, dass Qualitätsjournalismus im Digitalen nicht nur „nice to have“, sondern ein must have ist. Ein konstituierendes Element der Demokratie – wider Fake News und Cat Content. Eine Aufgabe für jeden einzelnen Journalisten wie für Medienunternehmen – und für den User. Denn Journalismus ist – davon bin ich fest überzeugt – immer noch einer der schönsten Berufe.